Darlegungs- und Beweislast bei Lagerungsschäden und Verbrennungsschäden
Vor der Durchführung eines operativen Eingriffs sind Patienten so zu lagern, dass die Operation bestmöglich durchgeführt werden kann. Erfolgt demgegenüber eine Fehllagerung kann es zu sogenannten Lagerungsschäden kommen. Wird von dem betroffenen Patienten ein entsprechender Lagerungsschaden behauptet, muss sich die Behandlerseite von dieser Fehlervermutung entlasten, da Lagerungsschäden grundsätzlich als voll beherrschbar gelten.
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Die technisch richtige Lagerung des Patienten auf dem Operationstisch und die Beachtung der dabei zum Schutz des Patienten vor etwaigen Lagerungsschäden einzuhaltenden ärztlichen Regeln sind Maßnahmen, die dem Risikobereich des Krankenhauses und dem ärztlichen Bereich zuzuordnen und von diesen voll beherrschbar sind.
Es kommt somit nach den Grundsätzen des objektiv beherrschbaren Risikos zu einer Beweislastumkehr bei Lagerungsschäden. D.h., dass im Falle der Darlegung eines Lagerungsschadens durch den Patienten die Behandlerseite in der Beweispflicht dahingehend ist, dass kein Lagerungsschaden eingetreten ist. Diese Beweislastumkehr beruht darauf, dass bei der Lagerung eines Patienten während der Operation auch die Risikofaktoren, die sich beispielsweise aus der körperlichen Konstitution des Patienten (z.B. Übergewicht) ergeben, ärztlicherseits eingeplant und dementsprechend ausgeschaltet werden können.
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Eine Ausnahme gilt insoweit nur in den Fällen, in welchen bei dem Patienten eine ärztlicherseits nicht im Voraus erkennbare, seltene körperliche Anomalie vorliegt, die ihn für den eingetretenen Schaden anfällig gemacht hat. In diesem Fall ist das Risiko eines Lagerungsschadens für die Behandlerseite nicht mehr uneingeschränkt beherrschbar, sodass es bei der normalen Beweislastverteilung verbleibt.
Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 26.09.2017, VI ZR 529/16) für den Fall bestätigt, dass es aufgrund unsachgemäßer Lagerung zu Verbrennungen des Patienten während einer Operation kommt. Im entschiedenen Fall hatte der Patient vorgetragen, dass es bei einwandfreier Lagerung (wie von der Behandlerseite behauptet) aus technischen Gründen überhaupt nicht zu einer Verbrennung hätte kommen können. Dies hatte der Sachverständige dahingehend bestätigt, dass eine Verbrennung des Patienten sicher hätte vermieden werden können, wenn er auf einer dauerhaft nicht leitfähigen, d.h. auch nach dem Verbleiben von Spülflüssigkeit oder dem intraoperativen Austritt von Körperflüssigkeiten wie Schweiß nicht leitfähig bleibenden Unterlage gelagert worden wäre.
Aufgrund der Tatsache, dass sich somit vorliegend ein Risiko verwirklicht hat, dass von der Behandlerseite voll hätte beherrscht werden können und müssen, obliegt dieser die Beweispflicht, dass sie alles in organisatorischer und technischer Hinsicht Erforderliche unternommen hat, um dieses Risiko zu vermeiden. Vorliegend hätte das Risiko einer Verbrennung durch atypischen Stromfluss bereits dadurch verhindert werden können, dass der Patient auf einer dauerhaft nicht leitfähig bleibenden Unterlage gelagert worden wäre.